Dr. Carola Urhausen, Klinik für Kleintiere – Reproduktionsmedizin, Tierärztliche Hochschule Hannover Dr. Claudia Bender, Tierarztpraxis Dr. Bender, Siegen
Bei einem Hitzschlag handelt es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung, ausgelöst durch Überwärmung des Körpers, infolge derer es zu Schock und Multiorganversagen und somit zum Tod des Tieres
kommen kann. Ein Hund, der einen Hitzschlag erleidet, ist immer ein tiermedizinischer Notfall und muss in jedem Fall schnellstmöglich in tierärztliche Behandlung. Man unterscheidet zwischen dem
klassischen Hitzschlag, der durch eine zu hohe Umgebungstemperatur ausgelöst wird und dem anstrengungsbedingtem Hitzschlag, der durch schwere körperliche Belastung entsteht. In beiden Fällen führt
die massive Überschreitung der Wärmeabgabekapazität des Körpers zum Hitzschlag.
Es ist jedes Jahr das Gleiche. Wir Menschen freuen uns im Frühjahr und Sommer über täglich länger währende Sonnenstunden und steigende Temperaturen. Für unsere vierbeinigen Freunde sind die
Sommermonate jedoch weit weniger angenehm.
Hunde sind sehr hitzeempfindlich und reduzieren bereits bei Außentemperaturen von ca. 22-25 C° ihre körperliche Aktivität und suchen im Freien Schattenplätze oder im Haus kühle Böden, wie z. B.
Fliesen auf. Eine hohe Umgebungstemperatur ist für sie besonders gefährlich, da Hunde ihre Körpertemperatur, nicht wie wir Menschen, durch Schwitzen regulieren können. Durch ihr dichtes Fell und vor
allem durch das Fehlen von Schweißdrüsen am Körper, können Hunde nicht schwitzen und so ihren Körper abkühlen. Die geringe Anzahl Schweißdrüsen an der Unterseite der Pfoten und am Nasenspiegel
sind für eine effektive Thermoregulation bei weitem nicht ausreichend.
Hunde regulieren ihre Körpertemperatur durch direkte Wärmeabgabe mittels Hecheln. Hierbei verdunsten Speichel und Sekrete der Maulschleimhäute und des Atmungstrakts, wodurch die angestaute Körperwärme nach außen abgegeben wird. Dies funktioniert aber auch nur solange dem Hund ausreichend Wasser zur Verfügung steht, um den beim Hecheln entstandenen Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen und die Wärmeaufladung des Körpers nicht die Wärmeabgabe durch Hecheln übersteigt.
Schon ab einer Temperatur von ca. 28-30 C° reicht dieser Mechanismus nicht mehr aus und die Körpertemperatur beginnt zu steigen. Übersteigt also die Umgebungstemperatur die
Kompensationsgrenzen des Hundes, kann es sehr schnell zum Hitzschlag kommen.
Besonders gefährdet sind die sogenannten brachycephalen Rassen, also kurznasige Hunde wie z. B. Mops, englische und französische Bulldoggen oder Pekinesen. Durch ihre überwiegend
stark verkürzten Nasen, die verkleinerten Nasenmuscheln mit verringerter Schleimhautoberfläche und die verengten Nasenlöcher ist die Fähigkeit zur Wärmeabgabe durch Hecheln reduziert. Eine
tiermedizinische Studie aus Israel zur Untersuchung des Vorkommens von Hitzschlag bei Hunden hat zudem ergeben, dass neben den brachycephalen Rassen auch der Labrador Retriever, der
Golden Retriever und der Malinois besonders gefährdet sind, einen Hitzschlag zu erleiden.
Neben den belastungsinduzierten Hitzschlägen durch lange Spaziergänge, Laufen am Fahrrad oder Hundesport bei hohen Umgebungstemperaturen oder in der prallen Sonne ist das Einsperren der Tiere im
Auto bei direkter Sonneneinstrahlung mit Abstand der häufigste Grund für die meist tödlich verlaufenden Hitzschläge.
Obwohl jedes Jahr aufs Neue sowohl die Bundestierärztekammer als auch die Landestierärztekammern und die Tierärzteschaft eindringlich vor der „Hitzefalle Auto“ warnen, kommt es während der warmen
Monate immer wieder zu grausamen Todesfällen durch ignorante Besitzer, die ihre Hunde „nur mal eben kurz“ im Auto gelassen haben, um mal schnell etwas einzukaufen oder kurz einen Kaffee zu
trinken.
In einer Pressemitteilung der Bundestierärztekammer findet Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der BTK, klare Worte: „Selbst für eine kurze Erledigung und wenn die Fenster etwas geöffnet bleiben, darf
der Hund nicht im Auto bleiben“.
Wie schnell die Situation im Wageninneren lebensgefährlich werden kann, haben Wissenschaftler der Universität Georgia/USA unter der Leitung von Prof. Andrew Grundstein eindrucksvoll gezeigt.
Für die Versuche wurde ein PKW an 58 sonnigen Tagen zwischen Anfang April und Ende August um die Mittagszeit auf einen Parkplatz gestellt und die Innentemperatur im Verlauf gemessen. Diese lag
bereits nach 5 Minuten Sonneneinstrahlung um 4 °C über der Außentemperatur, nach 10 Minuten war sie um 7 °C gestiegen, nach 30 Minuten um 16 °C und nach einer Stunde um 26 °C. Selbst bei
frühlingshaften Außentemperaturen von nur 20 C° heizt sich ein Auto innerhalb einer halben Stunde auf 36 °C und nach 60 Minuten auf 46 °C auf. Ein Temperaturbereich also, in dem ein Hund seinen
Wärmehaushalt definitiv nicht mehr regulieren kann und höchstgradig Hitzschlag gefährdet ist. Der Tod des Hundes tritt bei dieser Temperatur potenziell in weniger als einer Stunde ein. Bei
Außentemperaturen von 34 °C ist nach 30 Minuten bereits eine Wageninnentemperatur von 50 °C und nach 1 Stunde von 60 °C erreicht (Abb.1).
Bei diesen Temperaturen ist klar, dass ein Schälchen Wasser und ein leicht geöffnetes Fenster absolut nutzlos sind. Auch beim Parken im Schatten wird die Temperaturentwicklung in der Regel
unterschätzt. Die Sonne wandert schnell und bereits nach kurzer Zeit liegt der vermeintlich kühle Schattenparkplatz in der prallen Sonne. Ob aus Ignoranz, Unwissenheit oder einfach Dummheit: wer
seinen Hund unter solchen Umständen auch nur kurz im Auto zurücklässt, riskiert dessen qualvollen Tod und muss mit Konsequenzen rechnen. Nicht nur die Kosten für einen Rettungseinsatz von
Feuerwehr oder Polizei werden dem Besitzer in Rechnung gestellt, er muss auch mit einer Strafanzeige wegen Tierquälerei rechnen. Nach §17 TierSchG droht dem Angeklagten im schlimmsten Fall eine
Haftstrafe von bis zu drei Jahren.
Landesweit Beachtung und Zustimmung fand im Jahr 2007 ein Urteil des Amtsgerichts Neustadt. Die zuständige Richterin verurteilte einen 37 Jahre alten nicht vorbestraften Mann zu einem Jahr Haft ohne
Bewährung sowie einem lebenslangen Tierhalteverbot, weil er seine Dalmatiner Hündin bei sengender Hitze im Juni 2006 zwei Stunden in seinem Fahrzeug zurückließ, um einen Freund zu besuchen. Die
Hündin verendete qualvoll in dem über 60 °C heißen Auto.
Was können Sie tun, wenn Sie einen Hund sehen, der bei Hitze bzw. direkter Sonneneinstrahlung im Auto eingesperrt ist?
Halten Sie nach dem Besitzer Ausschau. Handelt es sich z. B. um einen Supermarktparkplatz oder um einen Parkplatz bei einer öffentlichen Veranstaltung (Hundeausstellung, Konzert etc.) dann lassen
Sie den Fahrzeughalter umgehend ausrufen. Ist es nicht möglich, den Besitzer auszurufen, benachrichtigen Sie Feuerwehr oder Polizei, die das Tier befreien kann. Befindet sich der Hund aber schon in
akuter Lebensgefahr, muss er sofort befreit werden. Unter Berücksichtigung von §228 BGB (Notstand) und §34 StGB (Rechtfertigender Notstand) erscheint in einem solchen Fall das Einschlagen
einer Fahrzeugscheibe durchaus angemessen, sofern das Hundeleben akut bedroht ist. Nichts desto trotz stellt das Einschlagen der Fahrzeugscheibe eine Sachbeschädigung dar und kann unter Umständen
rechtliche Konsequenzen haben. Daher sollten Sie die Situation mit der Handykamera vorher kurz dokumentieren. Sollten Sie kein Handy dabei haben, ziehen Sie andere Passanten hinzu, die später als
Zeugen über die Situation aussagen können. Und rufen Sie in jedem Fall trotzdem die Polizei hinzu! Zeigen Sie den Halter an!
Die ersten klinischen Symptome einer Überhitzung stellen sich wie folgt dar:
Der Hund versucht durch das starke Hecheln verzweifelt seine Körpertemperatur zu senken. Er wird versuchen aus eigenem Antrieb einen kühlen, schattigen Platz aufzusuchen. Ist dies nicht
möglich, weil er z. B. in der Sonne angebunden ist oder im Auto eingesperrt ist, wird sich sein Zustand dramatisch verschlechtern, es kommt zum Hitzschlag:
Der Hitzschlag führt unbehandelt zum völligen Kreislaufkollaps. Das Tier befindet sich im Schockgeschehen:
Ziel:
Körpertemperatur des Hundes senken
Kreislauf stabilisieren
Ist der Hund nicht mehr bei Bewusstsein?
Warum ist es wichtig, den Hund, auch wenn er sich durch Ihre Erste-Hilfe-Maßnahmen augenscheinlich wieder etwas stabilisiert hat, trotzdem zum Tierarzt zu bringen?
Die allermeisten Hunde benötigen bei einem Hitzschlag dringend Infusionen und gegebenenfalls weitere Medikamente. Zur Überprüfung der Organfunktionen sollte in jedem Fall eine Blutuntersuchung
durchgeführt werden. Es kann zu Komplikationen wie Blutgerinnungsstörungen, Nierenschäden und Hirnödem kommen. Daher ist es besonders wichtig, dass der Hund in den ersten 24-48 Stunden intensiv
tierärztlich überwacht wird.
Vorbeugen
Und lassen Sie Ihren Hund niemals im Sommer im Auto zurück. Nicht „mal eben kurz“, auch nicht im Schatten, auch nicht „für 5 Minuten“, gar nicht!
Und bitte bedenken Sie: Die Gefahr für Ihren Hund einen Hitzschlag im in der Sonne geparkten Auto zu erleiden beschränkt sich keinesfalls nur auf die Sommermonate. In einer Studie aus
Deutschland zum Vorkommen von Hitzschlag bei Hunden wurde klar festgestellt, dass die Erkrankung Hitzschlag bereits in den Frühlingsmonaten April und Mai auftritt. Denn bereits im Frühling ist
die Intensität der Sonnenstrahlung ausreichend, um das Auto für den Hund zur Hitzefalle werden zu lassen.
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